Die Bürgerlichen entdecken das Nachtleben

BERN – Die BDP will eine 24-Stunden-Ausgehzone beim Bollwerk. Auch die FDP und CVP setzen sich fürs Nachtleben ein. Nur die SVP kritisiert. Laut Politologe Mark Balsiger bleibt den Politikern fast nichts anderes übrig, als die Tanz-Party vom Samstag gut zu finden.

Bei der «Tanz dich frei»-Kundgebung am Samstagabend wurden 50 Menschen verletzt. Foto Felix Brodmann

Bei der «Tanz dich frei»-Kundgebung am Samstagabend wurden 50 Menschen verletzt. Foto Felix Brodmann

Was eigentlich als antikapitalistische Demo geplant war, mauserte sich am Samstag zu einer kleinen Streetparade im Kampf für ein attraktives Berner Nachtleben: «Tanz dich frei» lockte rund 10’000 partyverrückte Leute auf die Strasse. Laut Polizei kam es zu keinen grösseren Zwischenfällen.

Wer dachte, dass sich vor allem linke Parteien für die Anliegen der Jugendlichen einsetzen, stellt nun überrascht fest, dass auch Mitteparteien und bürgerliche Politiker hinter dem Tanz-Protest stehen.

«Ich bin Feuer und Flamme für die Anliegen»

Die BDP nimmt das Thema Nachtleben jetzt sogar ins Parteiprogramm auf. «Ich bin Feuer und Flamme für die Anliegen», sagt BDP-Gemeinderatskandidatin Vania Kohli. Ihr Sohn habe ebenfalls an «Tanz dich frei» teilgenommen. Für Kohli ist klar: «Junge Leute haben das Bedürfnis, irgendwo in der Stadt auch draussen richtig festen zu können. Wo ist das besser möglich als beim Bollwerk? Dort hat es praktisch nur Büros, und Party machende Leute stören kaum jemanden.»

Bereits im Nachgang der Demo gegen die Reitschule-Auflagen vom 11. Mai forderte die BDP eine Ausgehmeile zwischen Bollwerk und Waisenhausplatz. Diese Idee bekräftigt Kohli heute: «Freitags und samstags sollen Geschäfte und Bars im Bereich des Bollwerks

24 Stunden offen haben dürfen.» Eine solche 24-Stunden-Ausgehzone würde die Problematik des Reithallen-Vorplatzes entschärfen, «weil sich die Nachtschwärmer besser durchmischen würden». Der Gemeinderat müsse jetzt mit einem Nachtleben-Konzept vorwärtsmachen.

FDP: Es geht um die Gewerbefreiheit

Auch andere bürgerliche Politiker zogen nach «Tanz dich frei» ein positives Fazit. «Die jungen Leute setzen sich für ihr Anliegen ein. Das ist gut», sagt FDP-Stadtrat und Gemeinderatskandidat Bernhard Eicher. «Wenn das eine einmalige Sache war, kann man mal ein Auge zudrücken.» Es gehe beim Nachtleben vor allem um die Gewerbefreiheit. Eicher fordert eine Lockerung der restriktiven Gastrobestimmungen. Auch Lärmschutzvorschriften müssten überdenkt werden.

Anerkennend äussert sich auch die CVP zu «Tanz dich frei». Es sei positiv, dass sich um die 10’000 Personen weitgehend friedlich für eine lebendige Hauptstadt eingesetzt hätten, teilte die CVP mit.

SVP: Imageverlust für die Stadt Bern

Einzig die SVP kritisiert die Demo. Grossrat Thomas Fuchs will wissen, wie hoch die Schäden wegen Sprayereien und Vandalismus sind. «Der Schaden für Tourismus und Gewerbe ist immens», sagt Fuchs.

Nur Wahlkampf?

Ist der Einsatz der bürgerlichen Parteien für das Nachtleben nur Wahlkampf? «Geschmeidige Politiker – ob links oder rechts – spüren, woher der Wind weht», sagt Politologe Mark Balsiger. «Würden Gemeinderatskandidaten die feucht-fröhliche Tanzparty kritisieren, stünden sie im Off. Kommt es bei der dritten Auflage zu Ausschreitungen und massiven Sachschäden, kann der Wind subito drehen.»

Keine Tanz-Party am 3. August

Und eine dritte Ausgabe wurde gestern bereits angekündigt: «Weil es so schööööööööön war, noch einmal.» So wurde am Sonntagnachmittag für den Event «Tanz dich frei 2.1» vom 3. August auf Facebook aufgerufen. Schon wenige Minuten später sagten über 700 Leute der Veranstaltung zu. Bereits am Abend haben die anonymen Organisatoren die Veranstaltung aber wieder abgesagt. Der Facebook-Event wurde gelöscht.

Quelle: Blick.ch

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