CVP weibelt mit SVP gegen Kopftücher an Schulen

In mindestens zehn Deutschschweizer Kantonen sollen Gesetze geändert werden. – Das Bundesgericht hat das Kopftuchverbot einer Thurgauer Schule für unzulässig erklärt. Jetzt wollen CVP- und SVP-Politiker ein Verbot über die kantonale Gesetzgebung ermöglichen.

Das Kopftuchverbot an der Schule in Bürglen (TG) ist laut Bundesgericht unzulässig. Es stelle einen schweren Eingriff in die Glaubens- und Gewissensfreiheit dar. In der Urteilsbegründung von Mitte September hält das Gericht fest, dass es erstens für einen solchen Eingriff in die Freiheitsrechte eine gesetzliche Grundlage brauche und zweitens auch bei vorhandener Rechtsgrundlage im Einzelfall entschieden werden müsse, ob das Verbot verhältnismässig sei.

Ersteren Hinweis verstehen Politiker von CVP und SVP als Einladung für die Schaffung einer entsprechenden Gesetzesgrundlage. Sie lancieren auf kantonaler Ebene politische Vorstösse, um Schulen zu ermöglichen, das Tragen eines Kopftuches im Unterricht zu verbieten.

In mindestens zehn kantonalen Parlamenten der Deutschschweiz sind Vorstösse bereits erfolgt oder noch geplant. Sie stammen stets aus der Feder von CVP- oder SVP-Kantonsparlamentariern. Federführend in der Offensive sind die Nationalräte Lukas Reimann (svp.) und Elisabeth Schneider-Schneiter (cvp.).

Die Begründungen der beiden Parteien, das Kopftuchtragen an
Schulen zu verbieten, könnten unterschiedlicher kaum sein. «Meine Argumentation folgt Alice Schwarzer: Das Kopftuch ist ein Machtinstrument der Männer über die Frauen», sagt Schneider-Schneiter. Sie hat einen Muster-Vorstoss an alle kantonalen Sektionen der CVP verschickt. Man argumentiere bewusst nicht mit christlichen Werten. «Das ist keine Leitkultur-Debatte», sagt Marianne Binder, Aargauer Grossrätin. Sie hat namens der CVPFraktion im Kanton Aargau eine Motion eingereicht. Das Kopftuch verletze den Gleichheitsgedanken zwischen Buben und Mädchen. Und dies erschwere den
muslimischen Mädchen die Integration zusätzlich.

Die SVP-Exponenten argumentieren mit der religiösen Symbolik, welche mit dem Kopftuch in Verbindung gebracht werde. «Christliche Symbole wie Jesus am Kreuz werden in der Schule verboten, importierte Symbole hingegen erlaubt», sagt der Solothurner Kantonsrat Silvio Jeker (svp.). Im Solothurnischen sind gleich zwei Vorstösse hängig: Jekers Ratskollegin Sandra  Kolly (cvp.) will Kleidervorschriften an Schulen generell ermöglichen. Im Kanton Zürich verfolgt Kantonsparlamentarierin Barbara Steinemann (svp.) das Anliegen. Sie hat bereits 2010 ein Verbot angeregt, mit dem sie scheiterte. Kopftuchträgerinnen seien kein reales Problem an den Schulen, argumentierten die Gegner. «Der Wind hat seither gedreht», versichert Steinemann. Heute sehe man auf Spielplätzen bereits kleine Mädchen
mit Kopftuch. «Schulen, die diesbezüglich ein Problem feststellen, sollten ein Verbot erlassen können. Deswegen werde ich nochmals einen Vorstoss lancieren», sagt Steinemann.

Unter den Befürwortern des Kopftuchverbots finden sich viele Lehrer. Etwa der Baselbieter Landrat Paul Wenger (svp.), der
an einer Berufsmaturitätsschule unterrichtet. Dass die  Schülerinnen, die dort Kopftuch trügen, dies freiwillig tun, stellt er infrage. «Mit einem Verbot könnte man Druck von diesen Frauen nehmen», sagt Wenger. Weitere SVP-Vorstösse für ein
Kopftuchverbot sind in den Kantonen Wallis, Basel-Stadt und
Schwyz geplant. Im Thurgau und in St. Gallen sind sie bereits eingereicht worden. Im Kanton Bern will SVP-Grossrat Thomas Fuchs seinen Vorstoss zum Legislaturbeginn im März 2014 einreichen.

Quelle: Katharina Bracher, NZZ am Sonntag

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