Alles Gold in die Schweiz?

Die Initianten der am 30. November zur Abstimmung kommenden Goldinitiative wollen die Unabhängigkeit der Nationalbank stärken. Bundesrat und Parlament wollen aber deren Handlungsspielraum nicht einschränken.

Wie sich die Zeiten ändern: Um die Jahrtausendwende wollte die SVP die überschüssigen Goldreserven der AHV zukommen lassen. Sie lancierte eine entsprechende Volksinitiative, welche im September 2002 vom Volk nur knapp verworfen wurde. Nun wollen Teile der SVP von «überschüssigem Gold» nichts mehr wissen. Im Gegenteil: «Rettet unser Schweizer Gold» heisst ihre Initiative, über die das Volk am 30. November 2014 befindet.

Wo liegt das Gold?
«Gerettet» werden soll das gelbe Edelmetall, indem in der Verfassung verankert wird, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) mindestens 20 Prozent ihrer Aktiven in Gold halten muss.  Zudem soll alles Gold in der Schweiz gelagert werden. Heute liegen «nur» 70 Prozent der 1040  Tonnen Gold, über welche die SNB zurzeit verfügt, in der Schweiz. Dies gab der Präsident der Nationalbank, Thomas Jordan, im April bekannt. Er mischte sich damit in den Abstimmungskampf ein, was für einen Notenbankpräsidenten ungewöhnlich ist. Er tat dies, um Fehlinformationen über die Lagerungsorte des Goldes richtigzustellen, wie er sich ausdrückte.

Denn das Initiativkomitee um die SVP-Nationalräte Lukas Reimann (SG), Luzi Stamm (AG) und Ulrich Schlüer (ZH) sprach davon, dass rund 50 Prozent des SNB- Goldes im Ausland, vor allem in den USA, lägen. Nicht nur die Prozentzahl musste Jordan korrigieren, sondern auch die Orte der Lagerung: 20 Prozent sind der Zentralbank von England anvertraut, und 10 Prozent liegen bei der kanadischen Zentralbank. In den letzten zehn Jahren sei kein SNB-Goldi in anderen als diesen beidenLändern aufbewahrt worden.

Mindestens 20 Prozent Gold
Einschneidender als der Aufbewahrungsort ist die geforderte Mindestmarke von 20 Prozent. Ende August belief sich der Anteil des Goldes auf 7,54 Prozent der Aktiven. Die Initianten stellen  sich auf den Standpunkt, dass die SNB mit hohen Goldreserven ihre Unabhängigkeit  stärken und von aussen weniger unter Druck geraten könne. «Selbst die weltweit besten Finanzexperten wissen nicht, wie sich die Finanzmärkte, Aktienkurse und Wechselkurse entwickeln werden», argumentieren die Befürworter. Aber alle Erfahrung zeige: «Je unsicherer die wirtschaftlichen Zeiten, desto wichtiger sind Goldreserven.»

Ohne Unterstützung der SVP Bemerkenswert ist, dass die Goldinitiative im Nationalrat nicht einmal von der Mehrheit der SVP-Fraktion unterstützt wurde. Der Ständerat verwarf sie sogar ohne Gegenstimme. Während die Initianten die Unabhängigkeit der Nationalbank in den Vordergrund stellen, schreibt der Bundesrat in seiner Botschaft, dass die Initiative die  Handlungsfähigkeit der SNB «schwerwiegend einschränken» würde. Hätten die Initianten den minimalen Goldbestand in Tonnen beziffert, könnte die SNB damit womöglich leben. Das Problem ist aber, dass eine 20-prozentige Mindestlimite wohl theoretisch, kaum aber praktisch eingehalten werden kann. Dies auch deshalb, weil die Goldreserven gemäss Initiativtext «unverkäuflich» sind.

Seit drei Jahren ist die Notenbank bestrebt, den Eurokurs nicht unter 1.20 Franken rutschen zulassen. Zu diesem Zweck muss sie laufend auf dem Devisenmarkt intervenieren. Das heisst, sie muss die Nachfrage nach Euro hoch halten, was sie nur tun kann, indem sie haufenweise Euro kauft. Ein Aufblähen der Bilanzsumme ist die Folge. Bei einem Ja zur Initiative müsste die SNB gleichzeitig auch stetig Gold hinzukaufen, damit dessen Bestand nicht unter die Limite von 20 Prozent fällt. Und dies zum Preis, der zum gegebenen Zeitpunkt auf dem Markt gefordert wird. Wenn sich dann die Währungssituation stabilisiert, würde die SNB die Bilanzsumme über Euroverkäufe nach und nach hinunterfahren, dürfte aber das Gold nicht verkaufen. Es soll ja unverkäuflich sein. Der Anteil des Goldes stiege ins Unermessliche. Es wäre auf Jahre blockiert, ohne in Form von Zinserträgen eine Rendite abzuwerfen.

Mit dem Berner SVP-Grossrat Thomas Fuchs steht auch ein Banker im Initiativkomitee. Er gesteht: «Heute würden wir den Verfassungstext anders formulieren. » Die Initiative sei eingereicht worden, bevor die Nationalbank in grossen Mengen Euro kaufte und die Bilanzsumme aufblähte. Die Initianten hätten sogar darüber nachgedacht, die Initiative zurückzuziehen. Lukas Reimann will davon freilich nichts wissen: «Ein Rückzug der Initiative war nie ein Thema», sagte der Co-Präsident des Initiativkomitees gegenüber der NZZ. «Gold gehört in die Schweiz» Einen Teilerfolg will Thomas Fuchs trotz allem vermerkt haben: «Jetzt wissen wir wenigstens, wo sich unser Gold befindet. Vorher war das ein streng gehütetes Geheimnis.» Und ja: Thomas Fuchs ist dezidiert der Meinung, das Gold müsste aus Sicherheitsgründen in der Schweiz liegen.

Quelle: Claude Chatelain, Berner Zeitung

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